Was ist Bindungsangst
Für die meisten Menschen ist Partnerschaft ein wichtiges Ziel oder bereits auch Bestandteil ihres Lebens. Jedoch fällt es einigen schwer, sich in einer Beziehung zu öffnen oder auch längerfristig eine tragfähige Beziehung mit einem Partner einzugehen. Statt Glücksgefühlen löst der Gedanke an eine dauerhafte Partnerschaft Ängste und Stresssymptomatik aus.
Der Begriff Bindungsangst bezeichnet eine nachhaltige Angst davor, eine langfristige, enge Beziehung zu einem anderen Menschen einzugehen. Bindungängstlichen fällt es sehr schwer, stabile Beziehungen aufzubauen. Obwohl Betroffene sich innerlich nichts sehnlicher wünschen, als zu lieben und geliebt zu werden, haben sie Probleme damit, emotionale und körperliche Nähe zuzulassen. Sie erleben sie sogar als Gefahr und Bedrohung. Anstatt nach anfänglicher Verliebtheit eine ernsthafte Beziehung anzustreben, ergreifen sie meistens die Flucht und gehen auf Distanz.
Bindungsangst kann aber auch in bestehenden festen Beziehungen herrschen. Bindungsängstliche suchen häufig gezielt nach Streit, weil ihnen die emotionale und körperliche Nähe zum Partner zu viel wird. Sie benötigen mehr Freiraum. Dabei sind sich viele Betroffene ihrer Bindungsangst und deren Ursache gar nicht bewusst.
Auch wer den Schmerz einer einschneidenden Trennung nicht überwunden hat, kann sich schwer damit tun, sich auf etwas Neues einzulassen.
Bindungsängste wurden früher überwiegend den Männern zugeschrieben. Mittlerweile sind auch Frauen davon betroffen.
Ursachen und Auswirkungen
Prägende Kindheit
Kindheitserlebnisse sind bei vielen Störungen oftmals prägend. In vielen Fällen entsteht eine Bindungsangst in der frühen Kindheit, nicht selten in den ersten beiden Lebensjahren. Die Ursache ist häufig auf eine gestörte Beziehung zu einer wichtigen Bezugsperson zurückzuführen. Die Beziehungsangst kann dann in unzureichende Geborgenheitserfahrungen, in emotionaler Zurückweisung oder Vernachlässigung, in Konflikten zwischen den Eltern oder aber auch in einer überbehüteten Kindheit wurzeln.
Durch emotionale Distanz versuchen Betroffene später dann, sich vor dem Verlassenwerden, erneuten Verletzungen und Enttäuschungen zu schützen. Die Angst vor Zurückweisung macht es schwer, eine enge Bindung zu einem anderen Menschen einzugehen.
Zweifel an der eigenen Person
Unzureichendes Selbstbewusstsein und ein negatives Selbst-Bild kann ebenfalls zu einer Bindungsangst führen. Wer sich selbst nicht als liebenswert erachtet, kann es sich meist auch nicht vorstellen, dass jemand anderes das macht. Dies führt zu ständigen Zweifeln an der Liebe des Partners.
Nähe-Distanz-Problem
Der Mensch hat von Natur aus das Bedürfnis nach Nähe. Auch Menschen mit Bindungsangst wünschen sich Nähe. Es gelingt ihnen aber nicht, sich dem anderen gegenüber zu öffnen. Sie können schöne Momente zwar genießen, leiden aber gleichzeitig, weil sie nicht zulassen möchten, dass der andere ihnen etwas bedeutet. Deshalb halten sie den Partner auf Abstand, um sich nicht abhängig zu fühlen oder Erwartungen erfüllen zu müssen.
Neben dem Nähe-Distanz-Problem gibt es ein weiteres: In einer Beziehung muss man Absprachen und Vereinbarungen erfüllen: Zuverlässig sein, pünktlich zurückrufen, Pläne für die Zukunft schmieden, etc. Dies bedeutet aber oftmals Einschränkungen und Reduktion des bisher gelebten Freiraumes.
Oftmals sind diese Ängste den Betroffenen gar nicht bewusst, vielmehr fühlen sie nur ein diffuses Gefühl von "Einengung".
Wie Partner helfen können
Hilfe vom Partner ist möglich aber auch begrenzt. Für Beziehungsängstliche, die in der Partnerschaft vor allem Angst davor haben, Fehler zu machen, ist die Erfahrung wichtig und heilsam, dass sie Fehler machen dürfen. Das Gefühl, genau so geliebt zu werden, wie man ist, ist eine der Grundvoraussetzungen für eine funktionierende Beziehung. Daher kann ein umsichtiger, verständnisvoller und geduldiger Partner viel dazu beitragen, die Bindungsangst zu reduzieren
In den Fällen, in denen ein mangelnder Selbstwert hinter der Bindungsangst steckt, ist eine positive Selbstwahrnehmung ein wichtiger Schritt. Wer ein starkes Selbstbewusstsein entwickelt, ist in der Lage, auch mit Ablehnung und Verlustangst besser umzugehen.